Montag, 30. Dezember 2013

29. Weihnachtsausstellung in der Galerie im Alten Bau


Sie lebten in Geislingen.

Lebenslinien bedeutender Persönlichkeiten aus neun Jahrhunderten

 
Seit Beginn der Ansiedlung und späteren Stadt Geislingen vom 12. bis ins 20. Jahrhundert gab es herausragende Persönlichkeiten, die – so weit bekannt – eine besondere Rolle im Gemeinwesen und darüber hinaus gespielt haben. Sie haben in ganz verschiedenen Tätigkeitsfeldern aufgrund besonderer Fähigkeiten, hervorragender Begabungen oder eines tatkräftigen Gestaltungswillens in ihrer Zeit jeweils für die Geschicke der Stadt oder anderswo Weitreichendes und Bedeutsames zuwege gebracht.

Es handelt sich um Persönlichkeiten,

·         die als namhafte Mitglieder von ortsansässigen Adelsfamilien die Weichen für die Stadt
      Geislingen gestellt haben.
·         die politische und gesellschaftliche Zeichen gesetzt haben.
·         die mit unternehmerischem Weitblick wirtschaftliche Erneuerung gebahnt haben.
·         die in humanistischem Sinne karitativ, medizinisch und pädagogisch tätig waren.
·         die wissenschaftliche Meriten errungen haben.
·         die aufgrund ihrer vielfältigen künstlerischen Begabungen herausragende Werke
      geschaffen haben.

Die 29. Weihnachtsausstellung präsentiert Biografien namhafter Personen in und aus Geislingen, die

·         beispielhaft in der Stadt gewirkt haben.
·         sich hier zum Wohle der Stadt verdient gemacht haben.
·         über die Stadtgrenzen hinaus gewirkt haben.
·         die als zugezogene Bürger in der Stadt neue Akzente gesetzt haben.

Die Darstellung ihrer Lebenslinien und ihrer Lebenswege zum Teil mit Einbettung in Familienstammbäumen, die Schilderung ihrer besonderer Lebensumstände und Schicksale und die Präsentation ihrer herausragenden Lebensleistungen in Wort und Bild und mit entsprechenden Exponaten werden in der Ausstellung vermittelt.
 

Infos zur Ausstellung:
 
Eröffnung der Ausstellung: Freitag, 6. Dez. 2013, um 19.30 Uhr, Galerie im Alten Bau
Dauer der Ausstellung:     06.12.2012 - 12.01.2013
Öffnungszeiten:                Di – So 14 – 17 Uhr, Mo geschlossen,
                                         an den Weihnachtsfeiertagen und an Dreikönig geöffnet
                                         an Heiligabend und Silvester geschlossen

 

Mittwoch, 6. November 2013

Neu! Die 'Route der Industriekultur' zur Industriegeschichte des Filstales




Am 5. November 2013 ist das Projekt

'Route der Industriekultur'

des Verbands Region Stuttgart
und der 16 Gemeinden des Filstales gestartet.
 
Die Route der Industriekultur verknüpft als Radroute wichtige und interessante Orte der Industriekultur im Filstal miteinander und erschließt die vielfältige und spannende Industriegeschichte. An Ankerpunkten und Infoinseln werden Industriegeschichte(n) sichtbar und erlebbar. Begleitet wird dies durch ein 'digitales Gedächtnis' zur Industriekultur damals und heute.
 
Dabei sind die Menschen im Filstal gefragt. Mit ihren persönlichen Erfahrungen und Geschichten aus dem Arbeitsleben (oder dem ihrer Eltern oder Großeltern), mit ihrem Wissen zu Unternehmen, Produkten und zum Arbeitsalltag im Filstal soll nach und nach ein lebendiges Geschichten- und Lesebuch zur Industriekultur im Filstal entstehen.
 
Auf der interaktiven Webseite des Projektes www.industriekultur-filstal.de kann jeder seinen eigenen Beitrag zur Industriegeschichte des Filstals einreichen. Zudem finden man hier den aktuellen Arbeitsstand der bisher ausgewählten Orte und einen ersten Vorschlag für die Route der Industriekultur.


Blick auf das Bad- und Waschhaus, später Festsaal, heute Kindergarten der Kuchener Arbeitersiedlung, erbaut 1868/69, eröffnet im Mai 1869





Literatur:
Christel Köhle-Hezinger und Walter Ziegler (Hrsg.): 'Der Glorreiche Lebenslauf unserer Fabrik' -  Zur Geschichte von Dorf und Baumwollspinnerei Kuchen, 1991




Montag, 10. Juni 2013

Das Geislinger Kinderfest


Das Geislinger Kinderfest - seit 1428 eines der ältesten Stadtfeste in Südwestdeutschland

Das Geislinger Kinderfest ist einwandfrei das Heimatfest, das in unserer Stadt und ihrer weiteren Umgebung die historisch am weitest in die Vergangenheit zurückreichende Tradition besitzt. Mit der einzigartigen Tradition dieses Geislinger 'Nationalfestes' lassen sich höchstens noch vergleichen das Ravensburger Ruten- und das Biberacher Schützenfest, keinesfalls jedoch das Göppinger Maienfest, dessen Überlieferung anderen Ursprunges ist.

Die Reichsstadt-Ulmischen Herrschaftspfleger verhandelten am Freitag, den 29. August 1679 über den 'Tantz der Geislingischen Schuolkinder'. Sie beschlossen dabei:

'... 3. wird nicht allein den Schuolkindern zu Geislingen ihren jährlichen Tantz auf der Steingruben, nach dem Friedensfest anzustellen, ...'

Aus dem Text des Beschlusses geht hervor, dass die Ulmer Herren diesen Tanz der Schulkinder nicht zum ersten Mal erlauben, sondern nur eine alte, unterbrochene Tradition wieder aufnehmen. Das 'ihren Tantz' will nichts anderes sagen als, dass der Tanz bereits 1679 Tradition ist.

Bei der Anordnung über die Durchführung des Festes heißt es im Beschluss des Rats: 'am folgenden Montag fürohin in den latein. und teutschen Schuolen, mit betten und singen schuldige Devotion abgelegt und nachmittag der Schul Jugend vacanz gelassen, ...'

Es ist der Montag nach Jakobi, dass in Geislingen die Schuljugend ihren, seit langer Zeit veranstalteten, jährlichen Tanz wieder abhalten darf. Der endlich abgeschlossene Frieden von Nymwegen und ein außerordentlich fruchtbares Jahr mag die Eltern und Schüler zum ersten Mal wieder zum 'Festen' veranlasst haben und gerne gab dazu der Rat auch seine obrigkeitliche Erlaubnis. In den folgenden Jahren und auch den vorhergegangenen Jahren wurde immer am Montag nach Jakobi das 'alljähliche Kinderfest', wie es in einer Rechnung aus dem Jahre 1824 erstmals heißt, abgehalten.

Zuvor fand sich in den Geislinger Rechnungen und Beilagen der Stiftungspflege des früheren Hospitals der Begriff 'Berg' oder 'Schulberg' für das Kinderfest. Zum ersten Mal konnte er nachgewiesen für das Jahr 1732 werden. Diese Bezeichnung geht auf das einstige Ulmer Kinderfest oder den 'Schulberg' zurück, die sich in Ulm bis ins 15. Jahrhundert zurückverfolgen lässt. Es war ein Fest der lateinischen und ab 1531 mit der Einführung der 'Teutschen Schulen' im Zuge der Reformation auch der 'teutschen' Volks-Schuljugend, das anfänglich auf dem Michelsberg in Ulm gefeiert wurde; daher der Name 'Berg' oder 'Schulberg'.




Kinderfest im Stadtpark um 1925



C. F. D. Schubart schildert den Festtag der Geislinger Schuljugend übrigens in einem Brief vom 24. Juli 1768, als einen Tag
'zum Tanzen, zum Springen,
 zum Lachen, zum Singen,
 zum Geigen und Blasen,
 zum Schreien, zum Rasen,
 zum Essen, zum Trinken, zur Lust.
 Es hüpfet voll Freude die Brust.'

Für Geislingen ist aber noch ein weiterer Gesichtspunkt interessant und der Beachtung würdig. Im Jahre 1428 wurde die heute evangelische Stadtkirche durch den Weihbischof von Konstanz geweiht, wie eine Urkunde im Hauptstaatsarchiv Stuttgart beweist. Aus dieser Urkunde geht deutlich hervor, dass sich der Bischof vom 22. bis 24. Juli 1428 in Geislingen aufgehalten hat. Die Kirchweihe als Fest wurde in Geislingen bis ins 19. Jahrhundert hinein am Sonntag vor Jakobi gefeiert. Oberlehrer Georg Maurer erklärte, dass früher das Kinderfest auch im Volksmund 'Kinderkirbe' genannt worden sei. Und Pfarrer Klemm schreibt:

 'Es ist also eine ganz richtige Erinnerung, wenn das je am Montag nach Jakobi gefeierte Kinderfest zusammen mit dem Sonntag zuvor die 'Kirchweih' betitelt wird.'

Das Geislinger Kinderfest, der 'Schulberg' und die 'Kinderkirbe' gehen bis ins Mittelalter zurück als die verschiedenen Bezeichnungen für ein Fest, und das Kinderfest ist traditionsgemäß schon immer, mit einigen wenigen Ausnahmen aus besonderen Anlässen, am Montag, und bis 1919 am Montag und Dienstag nach Jakobi gefeiert worden.

Weder Unterbrechungen in Kriegszeiten, noch der Übergang der Stadt Geislingen von der ulmischen Herrschaft zur bayrischen und dann zur württem-bergischen, noch Angriffe auf die Ausgestaltung des Festes im 19. Jahrhundert konnten an dieser fortdauernden Tradition rütteln.

Infolge der über rund 500 Jahre bestehenden eigenständigen Tradition des Geislinger Kinderfestes, hat es bis heute seinen eindeutigen Charakter als echtes Geislinger Heimatfest bewahrt, zu dem von überallher, nicht zuletzt aus dem Ausland, ehemalige Geislinger in ihre Heimatstadt kommen, um wie ehemals zu Schulzeiten eben auch ein Wiedersehen mit Freunden und Bekannten zu feiern.
Literatur:
Schmolz, Helmut: Das Geislinger Kinderfest, in: Eine Stadt im Wandel, 1810-1938: Die württembergische Oberamtsstadt Geislingen, S. 63 ff.

Donnerstag, 23. Mai 2013

Die Anfänge der WMF in Geislingen


Vor 160 Jahren: Die Gründung der Plaquéwarenfabrik Straub & Schweizer im Jahre 1853


Wie schon 1850 mit der Maschinenfabrik aus seiner Kapellmühle heraus gelang es Daniel Straub bereits drei Jahre später wiederum auf dem Gelände der verfallenen Lenz'schen Ölmühle in den Lauffenwiesen unterhalb der Stadt eine Fabrik zu gründen, die heute als Württembergische Metallwarenfabrik nach 160 Jahren mit ihren Produkten weltweit hohes Ansehen genießt.


Der Hintergrund



1836 heiratete Daniel Straub Catharina Oechsle, die jüngere der beiden Töchter des Geislinger Kapellmüllers. Sein ansehnliches Heiratsgut ermöglichte es ihm, mit seiner Frau die Kapellmühle und deren umfangreichen landwirtschaftlichen Grundbesitz zu erwerben. Zu den Liegenschaften der Kapellmühle gehörte eine Wiese auf den unteren Laufen. Um sie abzurunden und eine Wasserkraft anzulegen, erwarb Daniel Straub 1840 ein Grundstück an der Rohrach auf dem die Lenz'sche Ölmühle sich befand.


Unablässig und uneigennützig bemühte er sich, einen Unternehmer für eine Fabrikansiedlung zu gewinnen, um seinen Mitbürgern Arbeit und Brot zu verschaffen. Im Frühjahr 1852 zeigten die Zürcher Spinnereiunternehmer Staub Interesse an der Wasserkraft. Sie wollten eine Baumwollspinnerei errichten. Da aber Wässerungsrechte der angrenzenden Wiesenbesitzer dem Plan entgegenstanden und sich nicht so rasch beschränken oder gar beseitigen ließen, die Wasserkraft dazu nicht konzessioniert war, gaben sie einem gleichfalls von Straub vorgeschlagenen Standort an der Fils bei Altenstadt den Vorzug.

Wohl erst jetzt entschloß sich Daniel Straub, die Wasserkraft selbst zu nutzen und hatte die Absicht dort unten vor der Stadt ein Kupferwalzwerk zu errichten. Doch Ferdinand Steinbeis, der unermüdliche Wegbereiter der Industrialisierung Württembergs und Förderer der Geislinger Elfenbeinschnitzer hatte den Geislinger Unternehmer auf die erfolgversprechende Branche der Plaquéwarenherstellung aufmerksam gemacht, die in einem Bericht über die Leipziger Industrieausstellung 1850 beschrieben vorlag.
Plaquéwaren – also Hohl- und Gebrauchswaren, die aus silberplattiertem Kupferblech hergestellt wurden – fertigten um 1850 Bruckmann & Söhne in Heilbronn, Rau & Cie. in Göppingen und Carl Deffner in Esslingen, letzterer seit 1830 - als wohl erster in Deutschland. Seit der Eheschließung besaß Daniel Straub ein silberplattiertes Besteck.

 

Die Metallwarenfabrik Straub & Schweizer, Geislingen;
gemalt von A. Kappis um 1860.
Das Bild zeigt die Metallwarenfabrik einige Jahre nach ihrer Gründung.


Die Fabrikgründung


Den entscheidenden Anstoß zur Gründung einer Plaquéfabrik gab wohl der fast gleichaltrige und gebürtige Geislinger Friedrich Schweizer. Ihn und dessen Bruder Louis gewann Daniel Straub als Partner. Der gelernte Metalldreher besaß durch seine jahrzehntelange Tätigkeit bei Deffner und Rau die erforderlichen Fachkenntnisse, dazu wohl auch etwas Kapital. Ungeachtet des noch anhängigen Wässerungsstreits beantragten Straub & Schweizer die Errichtung eines Kupfer- und Messingwalzwerks mit Dreherei und Drückerei und erhielten am 7. Juni 1853 die Genehmigung.


Im Herbst 1853 stellten sie zwei kleinere Pressen der Maschinenfabrik und Eisengießerei Gebrüder Benckiser in Pforzheim auf, und Ende des Jahres lagen die ersten Plaquéwaren vor. 1854 beteiligte sich die Metallwarenfabrik Straub & Schweizer mit einem Sortiment silberplattierter Waren an der Münchner Industrieausstellung. Im gleichen Jahr konstruierte Straub in seiner mechanischen Werkstätte eine große Doppelpresse für die Plaquéfabrik. Das Produktionsprogramm umfaßte Waren aus Messing, Kupfer und Plaqué, wie Teekessel, Leuchter, Lampen und Chaisenlaternen sowie diverse Haus- und Küchengeräte. Bis 1856 vervierfachte sich die Zahl der Arbeiter auf 60, die mechanische Werkstätte beschäftigte 30 Arbeiter. Die Metallwarenfabrik wurde bereits 1858 mit ca. 57 000 Gulden Wert eingeschätzt. Zusammen mit seiner Kapellmühle und der dazu gehörigen Maschinenfabrik war Daniel Straub mit einem Vermögen von 123 000 Gulden der höchstbesteuerte Bürger Geislingens.



Büste von Daniel Straub, gefertigt von David Fahrner, 1950
1866 schied Friedrich Schweizer aus der Plaquéfabrik aus, und Daniel Straub mußte seinem Partner und Teilhaber innerhalb von zehn Jahren 90 000 Gulden ausbezahlen. Die Metallwarenfabrik zählte zu dieser Zeit etwa 120 bis 140 Beschäftigte und war mit 78 000 Gulden eingeschätzt. Der hohe Abfindungsbetrag dürfte mehr in der glänzenden wirtschaftlichen Entwicklung der Metallwarenfabrik und einem guten Teilhabervertrag zu suchen sein als in Schweizers eingebrachtem Kapital. Daniel Straub nahm seinen Sohn Heinrich in das Geschäft herein und firmierte nun als Metallwarenfabrik Straub & Sohn Geislingen.


1880 entstand dann aus dem zu einer Industriegesellschaft umgewandelten Straub'schen Familienbetrieb in Fusion mit der Esslinger Firma Ritter & Co. die heutige WMF - Württembergische Metallwarenfabrik AG.

Übrigens: Noch bis weit in die 1960er Jahre hinein war die volksmündliche Bezeichnung 'Plagge' für die WMF bei den Geislingern Arbeitern Gang und Gäbe. Sie geht auf die anfängliche Plaquéwarenfabrik zurück und hat den ironischen Nebensinn von Plage.

 

Sonntag, 14. April 2013

Karrenrank und Rabenmiste


Geschichtsträchtige Stadtrandwanderung rund um Geislingen

Am Samstag, 18. Mai 2013, 9.00 Uhr findet im Rahmen des VHS-Programm in Zusammenarbeit mit dem Kunst- und Geschichtsverein Geislingen eine Stadtrandwanderung rund um Geislingen statt. Treffpunkt für die angemeldeten Teilnehmer ist das Straßenende der Zeppelinstraße / Alte Türkheimer Steige
Eine Fülle von historischen Begebenheiten, Bauwerken und stadtgeschichtlichen Besonderheiten entlang des Weges lassen Sie die Stadt neu entdecken.

Dabei erfahren Sie Interessantes über erste Siedlungsspuren in Geislingen, über die Geschichte des Helfensteins und den Bau des Ödenturms. Was verbringt sich hinter Ortsnamen wie „Siebenquellen“, „Kleemeisterei“, „Oßmannsweiler und „Rabenmiste“?

Die Straub’sche Grabkapelle, die wichtigsten Kirchen, die Industrialisierung in Geislingen, die Geschichte der Geislinger Steige, das KZ-Außenlager – und noch einiges mehr, wird auf dieser Wanderung an 20 Stationen erzählt oder besucht.

Eine gemeinsame Mittagsrast und eine Kaffeepause (beides nicht im Preis enthalten) runden den Tag ab.

Für die Tageswanderung (ca. 15 km) sind festes Schuhwerk, eventuell Regenbekleidung und eine gute Kondition notwendige Voraussetzungen.


 
 

Freitag, 29. März 2013

Mittelalterliche Burgenforschung im Kreis Göppingen


Auftakt zum Burgenprojekt im Landkreis - Symposium auf Schloss Filseck
 
Am 23. März 2013 wurde im Moser-Saal auf Schloss Filseck ein Fachsymposium zum Thema "Mittelalterliche Burgenforschung" abgehalten.
 
Vortrag von Prof. Heiko Steuer (Freiburg)
Am 23. März 2013 wurde im Moser-Saal auf Schloss Filseck ein Fachsymposium zum Thema „Mittelalterliche Burgenforschung“ abgehalten. Die durch Unterstützung der Stauferstiftung Göppingen ermöglichte Veranstaltung war zugleich Auftakt zum „Burgenprojekt“ des Landkreises, in dessen Rahmen während der nächsten Jahre die Burgen und Burgstellen auf dem Kreisgebiet kontinuierlich untersucht werden sollen.
Landrat Edgar Wolff begrüßte die rund 60 Teilnehmer und betonte die Bedeutung der zahlreichen Burgen im Kreis sowohl für den Tourismus als auch zur Identifikation für die Bevölkerung. Die letzten Herbst zwischen Schlat und Eschenbach eingeweihte Burgerinnerungsstätte Zillenhart, wo man das Gelände einer ehemaligen Turmhügelburg forsttechnisch aufbereitet und eine moderne Informationstafel aufgestellt habe, sei quasi das „Pilotprojekt“ gewesen.
In ihrer Einführung stellten Kreisarchivar Dr. Stefan Lang und Kreisarchäologe Dr. Reinhard Rademacher die regionale „Burgenlandschaft“ vor und umrissen deren historischen Rahmen sowie die Geschichte der Burgenforschung im Kreis. Erinnert wurde dabei auch an den im letzten August verstorbenen Tübinger Landeshistoriker Prof. Sönke Lorenz, der das Symposium als Dank für die lange freundschaftliche Zusammenarbeit mit Kreisarchivar a.D. Walter Ziegler maßgeblich organisiert hatte.
Lorenz’ Nachfolgerin Prof. Dr. Sigrid Hirbodian (Tübingen), Direktorin des Instituts für Geschichtliche Landeskunde, hob insbesondere die Bedeutung der interdisziplinären Zusammenarbeit von Archäologen und Historikern bei diesem Thema hervor. Prof. Dr. Thomas Zotz (Freiburg) stellte mit dem Burgenprojekt zu den Burgen im Breisgau ein über viele Jahre erfolgreiches Projekt vor, das auch für andere Regionen Vorbildcharakter besitzt. Prof. Dr. Heiko Steuer (Freiburg) zeigte in seinem breit angelegten Vortrag „Burgenforschung und Archäologie“ die Chancen und Grenzen der ärchäologischen Untersuchung von Burgen auf. Steuer plädierte im Hinblick auf ein Burgenprojekt insbesondere auf die Erstellung von detaillierten Karten, die die Herrschaftsverhältnisse einer Burgenlandschaft aussagekräftig darstellen.
Einen neuen Aspekt brachten Dr. Anke Scholz und Dr. Guntram Gassmann (Tübingen) mit der Hypothese ein, dass auch eine archäologisch nachweisbare breite Eisengewinnung am Albtrauf mit der Anlage etlicher Burgen verbunden sein könnte. Hier sollen Untersuchungen in den kommenden Jahren weitere Ergebnisse bringen. Abschließend wandte sich Prof. Karl-Heinz Spies (Greifswald) den Burgherren und ihren Lebenswelten zu, galt doch eine Burg neben ihrer militärischen und administrativen Funktion immer auch als adeliges Statussymbol. Eine lebhafte Abschlussdiskussion zog den Schlussstrich unter die anregende und rundum gelungene Veranstaltung, von der die Referenten als Dank auch ein „Filsbuch“ mit in die Heimat nehmen konnten.
Ansprechpartner:
Landratsamt Göppingen
Hauptamt - Abteilung Kreisarchiv, Kreisarchäologie und Kultur
Kreisarchivar Dr. Stefan Lang
Tel.: +49 (0) 7161 503 18-12
Fax: +49 (0) 7161 503 18-19
E-Mail:
s.lang@landkreis-goeppingen.de

Weiterführender Link:

http://www.swp.de/goeppingen/lokales/goeppingen/Stelldichein-der-Burgforscher;art5583,1918635

Sonntag, 17. Februar 2013

Einladung: Auftakt zur Messkampagne 2013 auf der Stubersheimer Alb

Das Römisch Germanische Zentralmuseum Mainz und das Ludwig Boltzmann Institut für Archäologische Prospektion und Virtuelle Archäologie aus Wien (http://archpro.lbg.ac.at) führen derzeit ein Forschungsprojekt zur großflächigen, zerstörungsfreien archäologischen Untersuchung der Stubersheimer Alb um Bräunisheim, Schalkstetten und Stubersheim durch. Bereits im März 2011 waren einige außergewöhnliche Gerätschaften im wissenschaftlichen Einsatz der Archäologie auf der Stubersheimer Alb unterwegs.
Magnetometer (Foto LBI ArchPro)
Es handelt sich dabei um spezielle Messgeräte die von Quads auf langen unmagnetischen Messwagen übers Feld gezogen werden. Die Messsensoren zeichnen dabei ähnlich einem Scanner das Erdmagnetfeld auf. Geringfügige Abweichungen im Erdmagnetfeld können am Computerbildschirm ähnlich einem Röntgenbild sichtbar gemacht werden. In diesen Bildern können Spezialisten die Überreste unserer Vorfahren erkennen, wie vor zwei Jahren eine römische Villa. Wir wissen derzeit noch sehr wenig über die Geschichte der Stubersheimer Alb um Bräunisheim, Schalkstetten und Stubersheim. Zahlreiche archäologische Funde belegen eine Besiedlung seit der Steinzeit. Wir versuchen nun die im Boden verborgenen Reste der Siedlungen wie Gruben, Gräben, Hausgrundrisse etc. zu lokalisieren. Dazu müssen die Messungen flächendeckend durchgeführt werden. Fundobjekte können mit den Messsystemen nicht lokalisiert werden. Die Stubersheimer Alb ist archäologisch gesehen noch immer weitgehend unerforscht. Umso spannender ist der großflächige Einsatz dieser zerstörungsfreien Methoden um genau diese Lücken zu füllen. Das Ziel des Forschungsprojektes ist es die Geschichte der Orte Bräunisheim, Schalkstetten und Stubersheim von der Steinzeit bis heute neu zu schreiben. Die Ergebnisse des Jahres 2011 waren nicht nur vielversprechend, sondern haben auch schon ein paar konkrete Fragen der Forscher beantworten können. Es konnten die aus Schriftquellen bekannten verwüsteten mittelalterlichen Dörfer Dietlinsweiler und vermutlich auch die Wüstung Wohlgradweiler wieder entdeckt werden.


Wir möchten insbesondere die Grundeigentümer und Landwirte gerne persönlich über die ersten Ergebnisse und die weiteren 2013 geplanten Messungen im Rahmen dieses Forschungsprojektes informieren. Wir laden daher alle betroffenen Grundeigentümer und jeden interessierten Bürger zu einer Informationsveranstaltung am Freitag, 22. Februar 2013, in die Mehrzweckhalle in Schalkstetten, um 20 Uhr ein.

PD Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Neubauer
Direktor des Ludwig Boltzmann Instituts


Dr. Rainer Schreg
Römisch Germanisches Zentralmuseum Mainz
Mag. Karolin Kastowsky-Priglinger
Projektverantwortliche LBI ArchPro

Samstag, 9. Februar 2013

Merkblatt betreffend Vorgeschichtsfunde



Das Merkblatt wurde in Geislingen an der Steige erarbeitet und wahrscheinlich im ehemaligen Oberamt Geislingen (heute im wesentlichen Teil des Landkreis Göppingen) verteilt. Es trägt leider kein Datum. Es lässt sich jedoch durch die Nennung von Kreisleiter Decker auf den Zeitraum von 1932 bis 1937 eingrenzen.

Georg Burkhardt (1876-1967) war Gründer des Geschichts- und Altertumsvereins in Geislingen sowie des dortigen Heimatmuseums. Bevor Burkhardt als Gymnasiallehrer nach Geislingen kam, war er in Ehingen tätig und hat sich in Archäologenkreisen einen Namen mit den im Auftrag der Reichslimeskommission durchgeführten Grabungen im Kastell Rißtissen und schließlich in Emerkingen gemacht.


Theodor Wurm (1892-1966) war Oberforstmeister in Geislingen und Herausgeber einer Stadtgeschichte von Wiesensteig.

Im Unterschied zu Burkhardt und Wurm ist Friedrich Decker (1840-1951) nicht durch eigene Arbeiten zur Regionalgeschichte hervorgetreten. Als Frontkämpfer des Ersten Weltkriegs war er seit 1923 Mitglied der NSDAP und wurde 1932 ehrenamtlicher Kreisleiter. Beruflich war er Postamtmann in Geislingen. 1937 wurde er mit der Zuschlagung des Kreises Geislingen zu Ulm wegen parteiinterner Zerwürfnisse als Kreisleiter abgesetzt, blieb jedoch in der NSDAP aktiv und beantragte 1943 die Aufnahme in die SS.
Seine Rolle als Pfleger in Geislingen ist mir bislang unklar.

Interessant erscheint mir, dass sich hier die Partei direkt in das Geschäft der Denkmalpflege eingeschaltet hat. Mir sind nur zwei Episoden der regionalen Forschungsgeschichte bekannt, in der nationalsozialistische Germanentümelei durchbrach: Einerseits die Deutungen der Reliefspolien an der Kirche in Kuchen und andererseits der "Fund" von Hakenkreuzdarstellungen, die man den römischen Inschrift- und Statuenfunden von Gingen untergeschoben hatte. Burkhardt unternahm in den 1930er Jahren mit Hilfe des Reichsarbeitsdienstes Grabungen auf Burg Helfenstein, die jedoch bereits vor der Machtergreifung begonnen hatten. Mit Georg Burkhardt und Albert Kley waren in Geislingen zwei - nach damaligen Maßstäben - Fachleute tätig, die der politischen Instrumentalisierung der Vorgeschichte kritisch gegenüber standen. Nach Aussagen von Albert Kley gingen die Grabungen an der Schuntershöhle auf die Initiative von Georg Burkhardt und Ephorus Kapff aus Bad Urach zurück. Mit der Erforschung des Mesolithikums wähnte man sich auf ideologisch neutralem Boden.

Die Empfehlungen des Merkblatts zur Dokumentation sind auch aus damaliger Sicht ungenügend. Zwar wird eine Lageskizze und eine Beschreibung des Bodens eingefordert, aber die Bedeutung von Bodenverfärbungen wird nicht genannt - obwohl sie Burkhardt bekannt gewesen sein müssen -, ebenso wenig wie ein Hinweis auf die Bedeutung des Kontextes gegeben wird. Die Beobachtung von Grabinventaren war damit nicht gewährleistet. Wie Fundbergungen alamannischer Gräber in jenen Jahren zeigen, achtete Burkhardt aber sehr wohl auf solche Kontexte.



Literaturhinweis
  • C. Arbogast, Herrschaftsinstanzen der württembergischen NSDAP. Funktion, Sozialprofil und Lebenswege einer regionalen NS-Elite 1920-1960. Nationalsozialismus und Nachkriegszeit in Südwestdeutschland 7 (München 1998) bes. 160ff.
  • R. Schreg, Zur archäologischen Situation auf Burg Helfenstein. In: H. Gruber/W. Lang/R. Schreg u. a. (Hrsg.), Von Gizelingen zum Ulmer Tor. Spurensuche im mittelalterlichen Geislingen. Begleitheft zur 9. Geislinger Weihnachtsausstellung (Geislingen a.d. Steige 1993) 37 (online).
  • R. Schreg, Albert Kley – der Archäologe. In: G. Currle/H. Gruber (Hrsg.), Viele Wege und ein Ziel. Albert Kley zum 100. Geburtstag (Geislingen 2007) 84–124 (online)
Interne Links
Rainer Schreg
(nachgebloggt von Archaeologik [10.2.2012])

Montag, 28. Januar 2013

Indianische Pfeilspitzen im Geislinger Museum

Heimatmuseum Geislingen Inv. 624:
indianische Pfeilspitzen
(Foto R. Schreg, 1993)
Schon zu den Altbeständen im Heimatmuseum gehören einige indianische Pfeilspitzen. Was es damit auf sich hat?
Rainer Schreg

Mittwoch, 23. Januar 2013

Vor 50 Jahren: Letzte Schicht in der Grube Karl - Das Ende des Erzbergbaus in Geislingen


Im Januar vor 50 Jahren ging in Geislingen-Altenstadt die kurze aber intensive Ära des Erzbergbaus zu Ende, die das Stadtbild maßgeblich mitbestimmt und ein gutes Stück zur Prosperität der Bürgerschaft beigetragen hatte.
 
 

Anfänge in den 1920er Jahren


Nach wenig erfolgversprechenden Anfängen in den 1920er Jahren setzte die eigentliche Entwicklung des Erzbergbaus in Geislingen 1934 ein, als die Gutehoffnungshütte Oberhausen das Schürfrecht an den Geislinger Grubenfeldern vollends erwarb. Zuvor hatten die Schwäbischen Hüttenwerke die Schürfrechte inne, die bereits 1921 gemeinsam vom württembergischen Staat und der Gutehoffnungshütte Oberhausen gegründet worden waren. So wurde im Jahre 1921 im Gewann Hagnach am westlichen Ortsende von Altenstadt in Richtung Kuchen der 'Karlsstollen' bis auf 314 m Länge in die erzführenden Schichten des Michelbergs vorgetrieben. Doch wegen mangelnder Rentabilität stellte man bereits 1924 die Arbeiten wieder ein. 

Der Karlstollen um 1950, der Fahrdamm für Erzloren mit Brech- und Siebanlage, vom Stolleneingang her gesehen





Der Erzabbau in Geislingen gewann schließlich nicht nur durch die Autarkiebestrebungen des Dritten Reiches große Bedeutung, sondern vor allem dadurch, dass die Gutehoffnungshütte über ein Verhüttungsverfahren verfügte, bei dem auch saures Erz wie das Geislinger mit rund 20% Kieselsäuregehalt durch Zugabe von anderen kalkreichen Erzen verhüttet werden konnte. Das hier geförderte Erz wurde zur Verhüttung ins Ruhrgebiet transportiert. Der weite Transportweg bildete insofern kein Hindernis, als die Eisenbahn das Erz zu billigen Tarifen mit den leeren Kohlenzügen, die ohnehin in das Ruhrgebiet zurückfuhren, befördern konnte. Der Geislinger Bergwerksbetrieb lieferte 2,5% des deutschen Erzes.

Der Staufenstolln zwischen Geislingen-Altenstadt und Bad Überkingen


Wenn sich ein Fremder in all den Jahren zwischen 1935 bis zum Abbruch der Grubenanlagen ab 1963 aus Richtung Bad Überkingen der Stadt näherte, war er überrascht, dass Geislingen-Altenstadt städtebaulich einen Eindruck erweckte, wie er sonst allgemein für das Ruhrgebiet charakteristisch war. So stark hatte das Bergwerk mit seinen rostbraun gefärbten Betriebsgebäuden, Förderaufzügen und mächtigen Erzhalden das Bild des Stadtrandes damals geprägt.

Die Grubenanlage des Staufenstolln um 1937, rechts im Hintergrund das Stollenmundloch
 





Das Grubengelände war durch die Landstraße von Altenstadt nach Überkingen in zwei Hälften geteilt, die durch eine Unterführung miteinander verbunden waren. Südlich der Landstraße standen die großen Gebäude zur Weiterverarbeitung des geförderten Erzes: eine Brech-, Sieb-, und Bunkeranlage, der Verladebahnhof, der Lokomotivschuppen, ferner die Schreinerei und ein chemisches Laboratorium. Zwischen dem Straßendamm und dem Michelsberg befanden sich das moderne Betriebsgebäude mit den Büroräumen sowie ein Magazin und die Waschkaue der Bergleute, außerdem die Werkstatt, ein Transformatorenhaus, das Lagerhaus für die Maschinenteile und Geräte und schließlich der Bahnsteig zur Einfahrt in die Grube. Eine zweispurige Gleisanlage führte über die Fils an den Abhang des Michelberges, wo sich der Eingang zum Stollen, das Stollenmundloch, befand.


Strebeinteilung der Grube Karl
zum Abbau des Erzflözes um 1937
Das Erz wurde im sogenannten Strebbruchbau abgebaut. Im Abstand von 120 m trieb man eine Kopf- und eine Bandstrecke vom Stollen in das Erzlager vor. Zwischen den beiden Endpunkten dieser vorgetriebenen Stollen wurde nun ein Verbindungstunnel hergestellt und das dazwischen liegende Erzfeld, der sogenannte Streb, war nun auf seiner ganzen Breite von 120 m für den Abbau erschlossen. Damit konnte das Auserzen des Strebs auf seiner ganzen Breite, von diesem Verbindungstunnel ausgehend, in Angriff genommen werden. Im ausgeräumten Feld 'raubte' man die letzte der vier Stützreihen mit 100 Stahlträgern und ihren Holzstempeln, die den Berg abstützten, um die neuen Hohlräume beim Vortrieb zu sichern. Das überlagernde Gebirge, das Hangende oder den 'Alten Mann', ließ man hinter sich nachbrechen, so dass der entstandene Hohlraum allmählich wieder aufgefüllt wurde.


 

Einfahrt in das Stollenmundloch

Sprengvorbereitung: Bohrung von
Löchern für die Sprenladungen
 
Stahlträger der Stützreihen im Streb


Das Auserzen - Schwerstarbeit im Streb

Der Erzbruch wird aufs Förderband geschaufelt.

Die Fracht des Förderbands kommt in die Loren zum Abtransport.



 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Harte Arbeit im Streb


Im Bergwerk wurde Tag und Nacht gearbeitet, und zwar in drei Schichten: Die Frühschicht dauerte von 6 bis 14 Uhr, die Spätschicht von 14 bis 22 Uhr und die Nachtschicht von 22 bis 6 Uhr. Der Arbeitsvorgang der drei Schichten war so eingeteilt, dass sie zusammen in 24 Stunden auf der ganzen Strebbreite genau 1,20 m des Erzflözes abbauen konnten. In einem Streb waren pro Tag insgesamt 48 Bergleute beschäftigt (Frühschicht 21, Spätschicht 15, Nachtschicht 12). Die Grube baute jeweils in zwei Streben gleichzeitig Erz ab. Dazu wurden 2 x 48 Bergleute benötigt. Der größte Teil der bei der Grube Beschäftigten hatte mit dem Transport des Erzes nach ‚Über-Tage‘, vor allem aber mit der Erhaltung und dem Ausbau der Fahrstrecken zu tun. Ständig mussten neue Stollen für den zukünftigen Erzabbau vorgetrieben werden. Besondere Sorgen bereitete dem Werk die Erhaltung der unterirdischen Betriebsanlagen. Hoher Gebirgsdruck von unten verzog die Gleisanlagen, so dass ein ständiges Gleisbaukommando mit der Absenkung der Schienenstränge beschäftigt war. Außerdem bedurfte die Verschalung der Stollen eine ständige Erneuerung.

Grube Karl Staufenstolln: Brech- und Siebanlage links mit Förderband zum Verladebunker rechts, nach der Stilllegung 1963
 

Das gebrochene Roherz brachte die Grubenlokomotive in ihren Loren aus den beiden Streben zum 'Bahnhof' in der Hauptstrecke. Hier wurden jeweils 15 Loren zu einem Zug zusammen gestellt und über Tage zu den großen Erzbunkern befördert. Vier Aufzüge hoben die ankommenden Grubenwaggons und kippten das Erz auf zwei Siebe, die das Feinerz unter 10 mm Durchmesser durchrieseln ließen. Die Brechanlage zerkleinerte die größeren Roherzbrocken zu Körnern von höchstens 40 mm Durchmesser. Über ein Förderband gelangte nun das gebrochene Erz auf ein drittes Sieb, das nochmals Fein- und Groberz trennte. Beides wurde schließlich über ein letztes Förderband in den Groberz- bzw. Feinerzbunker entleert. Von hier aus wurde das Erz in Eisenbahnwaggons verladen. Die Tagesförderung von über 1.000 Tonnen wurde dann in einem Zug von 18-20 Erzwaggons ins Ruhrgebiet zur Verhüttung transportiert.

Kumpel unter Tage bei der Jause






  


Beerdigung des Hauers C. Brittner, 1960
 



Gefährliche Arbeit im Stollen



Die Arbeit auf Schicht in der Grube war höchst anstrengend und gefährlich. Immer wieder kam es zu Unfällen, die oft glimpflich abgingen, aber manchmal auch zum Tod von Bergleuten führte. Frau Angelika Bosler, Tochter eines Geislinger Bergmanns, erinnert sich in den Jahren von 1950 - 63 an elf tödlich verunglückte Bergleute in der Grube Karl. Am 11. Juli 1958 kamen drei Kumpel bei einer Sprengung im Stollen ums Leben. 1952 wurde einem jungen Familienvater an einer Seilhaspel ein Bein vom Becken herausgerissen. Jeder einzelne Todesfall war für alle Kumpels sehr tragisch und hatte den betroffenen Familien großes Leid gebracht.



Das Ende der Grube Karl


Seit 1955 war die Grube eine selbständige Tochtergesellschaft der Oberhausener Gutehoffnungshütte unter der Bezeichnung 'Grube Karl der Staufenstollen GmbH'. Anfang der 1960er Jahre wurde die Stilllegung der Grube wegen mangelnder Rentabilität beschlossen. Zu geringe Produktivität, der weite Transportweg zur Verhüttung und die überalterte Grubenmannschaft ließ die oberste Grubenleitung zu dem Entschluss kommen, den Betrieb einzustellen. Am 4. Januar 1963 fuhren die Geislinger Bergleute mit dem Bergmannsgruß 'Glück Auf!' zum letzten Mal in den Stollen ein.

Bereits wenige Wochen später begann man, die Werksanlagen abzubrechen, und heute sind nur noch wenige bauliche Zeugen dieses einstmals wichtigen Bergwerkbetriebs in den Neuwiesen zu erkennen. Auch die vordere Bergwerkssiedlung, die 1938/39 von der Geislinger Siedlungs- und Wohnungsbau GmbH für die herziehenden Bergleute errichtet wurde, fiel der Spitzhacke zugunsten von größeren Neubauten zum Opfer. Lediglich die hintere Siedlung blieb erhalten und ist heute nach ihrer Sanierung ein letztes Zeugnis der Altenstädter Bergbautradition.


Literatur:



Bauer, Karlheinz: Geschichte der Stadt Geislingen, Bd. 2, 1975, S. 384ff.