Im Jahre 1343 tritt Ulrich V. von Helfenstein mit seinem Vetter erstmals urkundlich in Erscheinung. Sie verkaufen gemeinsam dem Wiesensteiger Chorherrenstift zwei Mühlen zu Mühlhausen. Beide Grafen dürften da noch sehr jung gewesen sein, waren aber bereits als Aussteller der Urkunde im rechtsfähigen Alter von mindestens 16 - 18 Jahren. Demnach darf die Geburt Graf Ulrichs V. von Helfenstein um 1325 datiert werden.
Die beiden Vettern befanden sich danach in der Gefolgschaft Karls IV., der sich im Jahre 1349 in Frankfurt zum König krönen ließ. Sie gehörten zu dessen engem Vertrautenkreis. Wer am Hof zu Prag in der Umgebung des Königs zu Ehren gelangen wollte, musste von Hause aus zur obersten Adelsschicht gehören und über eine ausgezeichnete Bildung, besondere diplomatische Fähigkeiten und unbedingte Gefolgschaftstreue verfügen. Diese Befähigungen zeichneten Graf Ulrich V. mit Sicherheit aus.
Aus dieser Nähe zum König und späteren Kaiser Karl IV. erwuchsen insbesondere Ulrich V. verantwortliche reichspolitische Aufgaben und Tätigkeiten, gepaart mit einer Standeserhöhung zum Landvogt von Oberschwaben und großzügigen Zuwendungen von Reichsgütern, die der materiellen Grundlage seiner Herrschaftsausübung in Oberschwaben dienen sollten. Leider waren die meisten dieser Reichslehen vom König verpfändet, so dass Ulrich V. gezwungen war, diese Güter auszulösen oder deren Pfandschaft weiter zu führen.
Zugleich kam es wohl auf Vermittlung des Kaisers zur Vermählung Ulrichs von Helfenstein mit Maria Kotromanic aus dem bosnischen Herzogshaus. Sie war die Cousine der damaligen Königin von Ungarn. Die Hochzeit fand am 9. März oder 9. Mai 1352 am ungarischen Hof statt. Kurze Zeit danach bezog das junge Ehepaar den Pallas der Stammburg Helfenstein, wo die Familie fortan wohnte.
Die Belehnung des Helfensteiners mit der Reichsvogtei Oberschwaben brachte ihm die Schutzherrschaft über die Städte Ulm, Ravensburg, Memmingen, Überlingen, Kaufbeuren, Biberach, Leutkirch, Wangen, Lindau, Pfullendorf und Buchau und verliehen ihm gewissermaßen herzogliche Gewalt im deutschen Südwesten bis vor die Tore von Zürich. Dazu erhielt er das Reichsgut Sulmentingen, das er für 200 Mark Silber auslösen musste. Zudem wurden ihm die Vogteien über die Reichsklöster St. Gallen, Weingarten, Elchingen, Ellwangen und Königsbronn übertragen. Darüber hinaus verlieh der König 1351 die Städte und Burgen Giengen, Heidenheim, Königsbronn und Hellenstein mit allen Zinsen und Gülten als Erblehen an die beiden Grafen von Helfenstein für ihre treuen Dienste.
Ursprünglich waren Landvögte die Stellvertreter der Herzöge, um die Hoheitsrechte bei deren Abwesenheit auszuüben. Nach der Auflösung des Herzogtums Schwaben mit dem Tod Konradins von Staufen im Jahre 1268 wurden von Kaiser Rudolf I. von Habsburg die beiden Reichslandsvogteien Nieder- und Oberschwaben eingerichtet, deren Landvögte Schutzherren der Städte und Klöster waren und quasi-herzogliche Gewalt, darunter die königliche Gerichtsbarkeit und andere Regalien innehatten. Als Sitz des Landfriedensgerichts wurde Graf Ulrich V. von Helfenstein 1360 der Stadelhof in Ulm übertragen.
In seiner Tätigkeit als Landvogt galt Ulrich V. als Freund und Förderer der Städte. Er sah seine Aufgabe darin, den Landfrieden in Kooperation mit den Städten zu gestalten, anerkannte deren Bündnisse und versuchte, gemeinsame Interessen zu pflegen. Da er kraft Amtes über die hohe Gerichtsbarkeit, königliche Verwaltungshoheit und Regalien wie die Markt-, Zoll- und Münzrechtsverleihung verfügte, gelang es ihm den Landfrieden zu gestalten.
Ein Ausdruck dessen ist die 1367 ausgestellte Urkunde in der er der Stadtbürgerschaft von Geislingen eine neue Stadtordnung und Statuten erließ, die der Stadtbürgerschaft autonome Steuererhebung, eigenständige Wahl der Gerichtsmitglieder und ein Stadtsiegel zubilligte, das die Autorisierung eigenverantwortlicher Rechtsgeschäfte zuerkannte. Er stellte damit die Weichen für eine freie Stadtbürgerschaft mit dem Ziel, Gewerbe, Handel und Verkehr zu fördern und dadurch die eigenen Einkünfte zu sichern.
Es fällt schwer, angesichts der spärlichen Quellen zur Person des Grafen ein Charakterbild zu entwerfen. Die überkommenen Urkunden und Quellenzeugnisse, spiegeln vertragliche oder rechtliche Vereinbarungen wider, die keinen Raum für persönliche Belange zuließen. Was völlig fehlt, sind persönliche Briefe oder biografische Schriften. Folglich ist es nur erschließend möglich, einige Charakterzüge des Menschen Ulrich V. zu ergründen. Was waren wohl seine wesentlichen Charakterzüge?
Seine Verlässlichkeit und Treue zum Kaiser und seine Bereitschaft, sich in dessen Dienst zu stellen. Dies war gepaart mit politischer Weitsicht und geschickter Klugheit, Interessenskonflikte zu entschärfen, zu integrieren und zusammen zu führen, aber auch diplomatische Wege zu finden, um Widerstände zu brechen oder auszuräumen.
Er war hoch gebildet, was ihn dazu befähigte, quasi-herzogliche Gewalt im deutschen Südwesten auszuüben, d.h. er hatte wohl eine hinreichende juristische Vorbildung, war in Verwaltungsfragen versiert und verfügte über diplomatisches Geschick.
Was ihm im Gegensatz zum Grafen Eberhard dem Greiner von Wirtemberg vielleicht nicht gelungen ist, aus dem politischen Amt, persönlichen Nutzen zu ziehen und zur Machterweiterung des eigenen Grafenhauses Vorteile zu erringen.
Sehr schnell geriet der Helfensteiner in einen Interessenskonflikt mit dem Wirtemberger, der seinerzeit die Landvogtei für Unterschwaben innehatte und machtbewusst seine eigenen Interessen skrupellos verfolgte.
1371 vereinigte Kaiser Karl IV. 31 Städte in Schwaben zu einem Landfriedensbündnis und setzte den Grafen Ulrich V. von Helfenstein als Hauptmann ein. Diese Vereinigung der Städte unter der Federführung des Helfensteiners brachte den hohen und niederen Adel vor allem Graf Eberhard von Wirtemberg dagegen auf, denn das Städtebündnis lehnte der Wirtemberger ab. Damit war der Helfensteiner auf die Seite der Städte gedrängt und in den Gegensatz zum Wirtemberger geraten.
Dies führte zu einer Koalition Ulrichs V. von Helfenstein mit Eberhards Gegner, dem Pfalzgrafen bei Rhein Ruprecht von der Pfalz, der bereits zweimal Anführer der Städte gegen Eberhard gewesen war. Auf seiner Rückreise von Heidelberg, wo er mit Ruprecht konspiriert hatte, wurde er von Hans von Klingenberg, Heinrich von Laufen, genannt der Neipperg und Ulrich von Sternenfels überfallen und gefangen genommen. Sie führten ihn auf das Schloss Neipperg. Von dort aus wurde er an Eberhard von Falkenstein übergeben, der ihn auf das Schloss Ramstein bei Schramberg brachte, wo er im Turm gefangen gehalten wurde.
Die Gefangennahme des Helfensteiners empörte die Städte und ließ deren kriegerische Auseinandersetzungen gegen Graf Eberhard von Wirtemberg wieder aufflammen, da sie berechtigt annahmen, er sei der Urheber der Gefangennahme des Grafen Ulrichs V. von Helfenstein.
Aber Eberhard hatte sich gerüstet, und es kam am 4. April 1372 zur Schlacht bei Altheim auf der Alb. Die Städter, weil die Augsburger wegen des Hochwassers der Donau nicht rechtzeitig übersetzen und zum Ulmer Heer stoßen konnten, waren gegen das Heer des Wirtembergers zu schwach und unterlagen der Übermacht. Heinrich Besserer, Städtehauptmann von Ulm, fand am 7. April 1372 den Tod.
Der Städtebund und die Gräfin Maria von Helfenstein wollten Ulrich V. auslösen, aber unterdessen wurde der Graf am 7. Mai 1372 getötet. Man fand ihn am 12. Mai 1372 in seinem Verließ auf dem Bett mit durchgeschnittenem Hals.
Der meuchlings ermordete Ulrich V. von Helfenstein hinterließ eine Witwe mit neun heranwachsenden Kindern und ein durch Krieg verwüstetes und durch die Pest entvölkertes Herrschaftsgebiet.
Die kurze Blütezeit der helfensteinischen Regionalmacht im deutschen Südwesten war damit abrupt zu Ende.
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Quellen und Literatur:
H.F. Kerler, Geschichte der Grafen von Helfenstein, 1840 (mit Urkundenanhang)
C.F. v. Stälin, Württembergische Geschichte, Bd.. II, 1847, 388-399; Bd. III, 1856, 660-666
Burkhardt, Georg: Geschichte der Stadt Geislingen, Bd. 1, 1963
Gruber, Hartmut, et. al.: Die Grafen von Helfenstein - Stationen ihrer Geschichte, Begleitheft zur Weihnachtsausstellung 1994