3. Akt: Die Zerstörung der Burg
Am Ende des überkommenen Chronikmanuskripts steht schlicht und einfach: 'Und wie kaiserl. Majestät für Metz kommen ist, hat man das Haus Helfenstein abgebrochen, im J. 1553 ists geraumet worden.'
Der letzte Satz des Chronisten lautet: 'Und es wäre noch
viel darüber zu sagen, daß man nit Alles schreiben kann, aber das ist nur ein
Wenig geschrieben zu gedenken.'
Deutlich gibt damit der Verfasser seinem Bedauern über die
Geschehnisse Ausdruck. Man sieht ihn geradezu resignierend abwinken, als er die
Feder gewissermaßen niedergelegt hatte. Es ging ihm hauptsächlich darum das
Andenken an die Ereignisse des Jahres 1552 zu bewahren und weniger darum, sich
in weiteren Einzelheiten über den Abriss der Burg zu ergehen. Vielleicht ging
ihm die Zerstörung der Burg zu nahe, als dass er diese beschreiben wollte. Viel
eher war ihm daran gelegen, die Erinnerung an die Burg zu erhalten, indem er
seinem Manuskript eine Beschreibung der Festung Helfenstein und deren
Verwaltung beifügte. Es handelt sich dabei um die einzige authentische
Beschreibung der Burganlage, wie sie kurz vor ihrer Schleifung bestanden hatte.
Doch zurück zum Schicksal der Burg Helfenstein. Noch während
der Belagerung erhielt Bürgermeister Sebastian Besserer vom Ulmer Rat die
Weisung, 'wenn das Schloß erobert sei, so solle man dasselbe mit Hakenschützen
und ein Dutzend Bauern besetzen, aber nur vorübergehend unter Aufsicht von ein
oder zwei Amtleuten; denn es sei vorderhand in Aussicht genommen, keinen
militärischen Posten mehr auf das Schloß zu geben. Die Wiederaufrüstung des
Schlosses könnte später mehr zum Nachteil sein (durch ähnliche feindliche
Einfälle); ferner sei das Schloß durch die Belagerung so arg mitgenommen, daß
der Wiederaufbau große Summen benötigen würde'.
Von Ulm abgesandte Sachverständige begutachteten unmittelbar
nach der Rückeroberung den Zustand der Festung, ob es geraten wäre, sie
auszubessern oder gänzlich zu zerstören. Am stärksten war die Mauerflanke zum
Ödenturm hin zerstört, während die nordöstlichen Mauernzüge aufgrund ihrer
Stärke weniger beschädigt waren. Bei den Ausgrabungen Burkhardts wurden dort allerdings
die meisten Geschützkugeln gefunden. Sie sind im Heimatmuseum ausgestellt.
Weiter wurde damals befunden, das Schloss sei in seinen Wohnräumen sehr bescheiden. Als fürstliche Wohnung eigne es sich nicht mehr. Die Unterhaltung käme durch die entstandenen Unkosten zu teuer.
Am 15. September 1552 wurde im Ulmer Rat mehrheitlich
beschlossen, das Schloss abzutragen. Schon am 19. September begann der
planmäßige Abbruch. Ein Teil der brauchbaren Steine wurde in Ulm zum Bau eines
Kanals der Blau durch die Stadt verwendet, ein anderer wurde zur Verstärkung
der Geislinger Stadtbefestigung beim Mühltor gebraucht. Auch die Geislinger
werden sich bei dieser Gelegenheit mit Baumaterial versehen haben, ebenfalls
die Bauern der Umgebung. Ein kleiner Rest blieb stehen, der 200 Jahre später
gesprengt wurde.
So entstand mit der Zeit eine ebene Fläche im ehemaligen
Burghof, das 'obere Wiesle'. Alles war überwachsen, und keine Spur zeigte an,
dass hier einmal stattliche Bauten gestanden hatten.
Das Nachspiel
Seit der Mitte des 18. Jahrhunderts war der Helfenstein ein
stiller Ort geworden, der zum Verweilen einlud. In den 20er Jahren des letzten
Jahrhunderts wurde dort stimmungsvoll mit einem schlichten Holzkreuz als
Gefallenenmahnmal den Opfern des ersten Weltkrieges gedacht. Ein aus
Fichtenstangen gezimmerter Pavillon lud wie auf dem unteren Wiesle zum Rasten
ein und gewährte einen Ausblick auf die Stadt und ihre Umgebung.
Doch mit Beginn der 30er Jahre hatte die beschauliche Ruhe
dort oben zunächst ihr Ende gefunden. Unter der Leitung von Studienprofessor
Georg Burkhardt wurden 1932 im Zuge einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme systematische
Ausgrabungen durchgeführt, die nicht nur die Grundmauern der gesamten
Burganlage ans Tageslicht förderten, sondern auch die damaligen Stadtväter dazu
veranlasste, die beiden Mauernzüge der Burg mit ihren Rondellen, den
Aussichtsturm anstelle des ehemaligen Pallas und die Zisternen in den beiden
Burghöfen wieder zu errichten, so dass zumindest die Ausmaße der ehemaligen
Burganlage nachvollziehbar wurden. Diese Restaurierungsarbeiten dauerten bis
1938 an, und die nun weithin erkennbare Festungsruine krönte fortan wieder die
Fünftälerstadt.
Die Ruine Helfenstein trug seither maßgeblich dazu bei, dass
Besucher aus weiten Teilen des Landes hierher kamen, um die stattliche
Burganlage kennen zu lernen und die herrliche Aussicht über den Talkessel zu
genießen.
Vielfältige Ausgrabungsfunde gelangten in das Museum im Alten Bau Geislingen, wo sie bis heute die Alltagsgeschichte auf der Burg vermitteln.
In der Folge dieser Ausgrabung und Rekonstruktion des Helfensteins setzte
zugleich eine Welle der Helfensteinerforschung ein, die vieles über die
wechselvolle Geschichte des Grafengeschlechts aufdeckte und der Öffentlichkeit
zugänglich machte. In erster Linie ist dabei Georg Burkhardt zu nennen, der als
Vorsitzender des damaligen Altertumsvereins - heute Kunst- und Geschichtsverein Geislingen - in den 'Geschichtlichen Mitteilungen
von Geislingen und Umgebung' und im ersten Band der 'Geschichte der Stadt
Geislingen' die wichtigsten Forschungsergebnisse veröffentlichte.
Literatur:
Burkhardt, Georg: Geschichte der Stadt Geislingen, 1963, Bd. 1, S. 88ff.
Hiller, Max: Die Zerstörung des Helfensteins 1552, in: Geschichtliche Mitteilungen von Geislingen und Umgebung, Heft 13, 1952, S. 131ff.
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