| Amstetten (UL), Aurain (Foto: S. u. C. Paulus, Amstetten, mit freundl. Genehmigung)  | 
In Flur Aurain bei Amstetten wurde als Lesefund ein Silexartefakt gefunden und dankenswerterweise mit der Vermutung, es handele sich um ein steinzeitliches Messerchen, dem Kunst- und Geschichtsverein in Geislingen gemeldet.
Aufgrund der gelblichen Farbe des mit kleinen Mikrofossilien 
durchsetzten Rohmaterials, der kantigen Grundform an einer offenbar 
etwas dickeren Klinge und vor allem aufgrund der tiefen, beidseitigen 
Retuschen an den Kanten, die vielfach feine Rostspuren aufweisen, 
erweist sich das Stück als ein stark genutzter neuzeitlicher 
Flintenstein. Leider also kein Steinzeitmesser. Entsprechende Stücke 
kamen vor allem in napoleonischer Zeit in großer Zahl nach 
Südwestdeutschland, waren aber auch schon seit dem 16. Jahrhundert im Einsatz. Sie dienen zum Schlagen des Zündfunkens bei Steinschlossgewehren.
Hartmut Gruber weist darauf hin, dass es durchaus sein könnte, dass der Flintenstein aus einer Flinte eines französischen oder österreichischen Soldaten herstammt, denn dort bei Amstetten gab es Anfang Juni 1809 ein Scharmützel zwischen den beiden verfeindeten Parteien. Das bayerische Regiment des Geislinger Bürgermilitärs mischte tatkräftig auf Seiten der Franzosen mit. Die Österreicher wurden in die Flucht geschlagen, wobei einige Gefangene gemacht wurden. Solche Identifikationen archäologischer Funde mit konkreten Ereignissen sind freilich immer schwierig. Da das 
Militär die Flintensteine nach wenigen Schuß ausgetauscht hat, könnte 
vorliegendes Stück am ehesten von einer Jagdwaffe stammen.
Die 
Geislinger Oberamtsbeschreibung nennt interessanterweise die Gewinnung 
von Feuersteinen aus dem auf der Alb anstehenden Feuersteinlehm (OAB Geislingen, 54). Alle mir bei Begehungen bekannt gewordenen Flintensteine aus 
der Region (es sind nicht viele, aber sie sind eben auch nicht 
ungewöhnlich) gehören aber dem gelblichen Rohmaterial an, das 
wahrscheinlich aus der Gegend um Maastricht stammt. Der Neufund fügt 
sich gut in dieses Bild ein und unterstreicht, wie sehr man trotz 
lokaler Feuersteinvorkommen auf Importflintensteine gesetzt hat.
Es ist immer 
wichtig, dass Funde der Wissenschaft bekannt werden - die regionalen 
Vereine sind da keine schlechte Anlaufstelle. Am besten ist aber immer 
eine Meldung an die Denkmalpflegeämter, im Falle von Amstetten ist das 
das Regierungspräsidium in Tübingen, im Kreis Göppingen das RP in Stuttgart (konkret Ref. 86 im Landesamt für Denkmalpflege in Esslingen) oder die Kreisarchäologie Göppingen. Dort werden umfangreiche Fundakten 
geführt, die schließlich auch die Grundlage für siedlungsgeschichtliche 
Auswertungen bieten. 
Mit bestem Dank an die Finder S. u.C. Paulus und an Hartmut Gruber für seinen Hinweis auf die Ereignisse 1809
Literaturhinweise
- N. Kenmotsu, Gunflints: A study. In: D.R. Brauner (Hrsg.), Approaches to Material Culture Research for Historical Archaeologists (California, Penn 2000) 340-372 (online bei der Society for Historical Archaeology)
 - J. Weiner, Flintensteine. In: H. Floss, Steinartefakte (Tübingen 2012) 961-972.
 
Links
- R. Schreg, Römische Silexartefakte. Archaeologik (27.4.2012)
 - H. Gruber, 23. Mai 1809: Scharmützel bei Amstetten. Apud giselingen (21.12.2012)
 
Rainer Schreg 
sehr guter Beitrag
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